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Vier im roten Kreis ("Le cercle rouge", 1970)
Regie: Jean-Pierre Melville
Darsteller: André Bourvil (Mattheï), Alain Delon (Corey), Gian-Maria Volonté (Vogel), Yves Montand (Jansen), François Perier (Santi), Paul Crauchet (Hehler), André Eykan (Rico), Robert Favart (Verkäufer bei Mauboussin)
Drehbuch: Jean-Pierre Melville, Schnitt: Jean-Pierre Melville, Ton: Jean-Pierre Melville, Musik: Eric de Marsan, Kamera: Henri Decaë, Produktion: Robert Dorfman (Les films corona)
Handlung: Nacht, der Bahnhof Marseille-Blancard, Einfahrt hat der Nachtexpress nach Paris, der Train Bleu. Zwei Männer, mit Handschellen aneinander gekettet, hasten den Bahnsteig entlang. Kommissar Mattheï (André Bourvil) , von der Pariser Kriminalpolizei überführt den Häftling Vogel (Gian-Maria Volonté) in die Hauptstadt.

So beginnt der vorletzte Film von Jean-Pierre Melville, "Vier im roten Kreis", einer der legendärsten Gangsterfilme aller Zeiten, bewundert und geliebt von Leuten wie Jim Jarmusch, Quentin Tarantino, John Woo und Aki Kaurismäki.

Während der Zug in die Nacht hinaus rauscht, liegt der Häftling Corey (Alain Delon) im Wachschlaf auf seiner Pritsche, ein Wärter kommt zu ihm, erzählt ihm, daß er an diesem Morgen entlassen wird und schlägt ihm ein Geschäft vor. Nach seiner Entlassung trinkt Corey zunächst einen Kaffee in einer Bar und besucht dann den Gangster Rico (André Eykan). Rico war auch an der Tat beteiligt, wegen derer Corey fünf Jahre gesessen hatte, doch Corey hatte ihn nicht verraten. Rico lebt inzwischen mit Coreys ehemaliger Geliebten (Ana Douking) zusammen. Corey erleichtert ihn um eine größere Summe Bargeld und eine Waffe. Anschließend sucht er einen Billardsalon auf und spielt alleine eine Runde Poolbillard. Plötzlich tauchen zwei Gangster auf, die Corey im Auftrag von Rico das Geld wieder abnehmen wollen. In der folgenden Schlägerei löst sich ein Querschläger aus der Waffe des Killers Paul und tötet seinen Komplizen. Corey kann entkommen und kauft sich wenig später einen Wagen, um nach Paris zu fahren.

Unterdessen hat Vogel mit Hilfe einer Sicherheitsnadel seine Handschelle gelöst und wartet auf einen günstigen Moment zur Flucht. Als der Zug bei Chalons-sur-Saone in einem kurvenreichen Waldstück langsam fährt, tritt er das Fenster ein und hangelt sich mir einem Ruck hinaus. Mattheï, der nicht geschlafen hatte, zieht sofort die Notbremse und springt hinterher. Er feuert mehrere Schüsse ins Unterholz ab, doch es gelingt ihm nicht, Vogel zu treffen.

Vom Telefon des Streckenwärterhäuschchens aus lässt Mattheï einen Notplan anlaufen und das Gebiet zwischen Chalons, Autun, Beaune und Montceau-les-Mines weiträumig absperren. Bald treffen Hundertschaften Bereitschaftspolizei mit Hunden ein und die Suche beginnt. Doch Vogel entkommt , indem er einen Bach durchquert, wo die Hunde die Witterung verlieren. Die Suche wird fortgesetzt und Straßensperren werden errichtet.

Corey hat inzwischen an einem Relaisroute, einem französischen Rasthaus eine Pause eingelegt, um zu frühstücken. Im einsetzenden Schneetreiben kommt Vogel am Rasthaus an und versteckt sich im Kofferraum von Coreys Wagen. Dieser sieht es und hört gleichzeitig die Fahndungsmeldung im Radio, er weiß also, wer sein blinder Passagier ist. Er schafft es eine Straßensperre zu passieren und tut so, als könne er seinen Kofferraum nicht öffnen. Später fährt er mit seinem Wagen auf ein einsames Feld, steigt aus und fordert Vogel auf, auszusteigen. Da Corey seine Pistolen im Kofferraum deponiert hatte, bedroht ihn Vogel zunächst damit. Doch Coreys Entlassungsschein und zwei Gauloises lassen die beiden Freundschaft schliessen.

Im Wald von Fontainebleau wird Corey plötzlich von einem anderen Wagen überholt, ausgebremst und abgedrängt. Paul, Ricos Killer, springt in seinen Wagen und zwingt ihn mit vorgehaltener Waffe in einen Waldweg hinein zu fahren. Dort steigen sie und ein weiterer Killer aus dem ersten Wagen aus und gehen mit Corey ein Stück in den Wald hinein. Sie nehmen ihm Ricos Geld wieder ab und schicken sich an, Corey zu erschießen. Doch inzwischen hat sich Vogel von hinten angeschlichen, er entwaffnet sie, wirft Corey eine seiner Waffen zu, nimmt in aller Seelenruhe die Waffen der Gangster mit einem Taschentuch auf und erschießt die Beiden mit der jeweiligen Waffe des Anderen. Corey will ihnen noch das Geld abnehmen, aber es ist nur noch ein blutiges Bündel Fetzen. Corey und Vogel verlassen schnell den Wald, um ihren Weg nach Paris fortzusetzen.

Nach seiner Ankunft in Paris wird Mattheï mit seinem Vorgesetzten sofort zum Polizeipräsidenten gerufen. Dieser fordert die Suche nach Vogel erfolgreich zum Abschluss zu bringen und verknüpft damit die Schicksale der Beiden. Zudem äußert er seine finsteren Thesen über die Schuld des Menschen, dies ist eine der Schlüsselszenen des Films. Auch Corey und Vogel sind unterdessen wieder in Paris in Coreys alter Wohnung in der Avenue Paul Doumer nahe des Trocadero angekommen. Am nächsten Morgen erzählt Corey Vogel vom Tip des Wärters aus Marseille. Sie planen einen Bruch in eines der exklusiven Juweliergeschäfte an der vornehmen Place Vendôme. Vogel merkt an, dass sie dann noch einen guten Scharfschützen bräuchten, Corey dachte in Vogel einen gefunden zu haben, doch dieser wiegelt ab und schlägt statt dessen den Ex-Bullen Jansen (Yves Montand) vor. Der ehemalige Polizeischarfschütze hat mittlerweile ein massives Alkoholproblem und mußte den Dienst quittieren. Corey setzt sich mit ihm in Verbindung und verabredet sich mit ihm in der Bar von Santi (François Perier). Dieser wurde inzwischen von Mattheï aufgesucht, der um dessen Freundschaft mit Vogel weiß. Er setzt Santi unter Druck und droht ihm, falls er nicht kooperieren will.

Nach dem ersten Kennenlernen bei Santi, treffen sich Corey und Jansen erneut und fahren mit dem Auto durch die Stadt. Sie halten kurz an und Vogel springt ins Auto. Dann besprechen sie weitere Details: Jansen soll das Geschäft und die Sicherheitsvorkehrungen inspizieren und Corey will den Hehler aufsuchen. Bei der nächsten Besprechung kann Jansen alle Angaben des Wärters bestätigen und Corey hat mit dem Hehler ein Vorgehen und einen Preis vereinbart.

Die Nacht des Überfalls ist eine typische Melville Sequenz: mit einzigartiger Genauigkeit werden alle Beteiligten bei der Vorbereitung gezeigt, Corey und Vogel bei ihrem langen Weg, um über verschiedene Häuserblöcke, Hinterhöfe und Dächer ihrem Ziel näher zu kommen und Jansen beim Gießen der Kugel, die das Sicherheitssystem aushebeln soll.

Insgesamt eine geschlagene halbe Stunde Film ohne Dialoge, nur mit Geräuschen und ein wenig Musik, fast schon ein Augenzwinkern ist da die Szene als Matthei sich am Morgen danach beim heimgesuchten Juwelier Maubussoin die Videoaufzeichnung des Raubs anschaut und murmelt: "Gesprächig sind sie ja nicht gerade..".

Matthei hat inzwischen Santi weichgekocht, nicht zuletzt eine fingierte Verhaftung von Santis Sohn mit ungeahnten Folgen, macht Santi zum Verräter. Auf Ricos Druck hin, steigt der Hehler aus dem Geschäft aus und die Drei wenden sich an Santi, um einen neuen Hehler zu finden - und der ist der verkleidete Matthei. Dieser lockt schließlich alle Drei in ein einsames Schloß bei Louveciennes. Nach einer Schießerei mit den Polizisten versuchen sie noch zu fliehen. Doch die Kugeln der Polizei strecken alle tödlich zu Boden.

"Vier im roten Kreis" war ein immenser Erfolg in Frankreich, aber auch in anderen Ländern Europas und sogar in den USA. Das verwundert nicht, wenn man den Film heute erneut sieht. In seinem Grundton düster und pessimistisch ist er doch gleichzeitig, wie alle Filme Melvilles auch zutiefst menschlich: wie Corey und Jansen auf einem einsamen Feld mit wenigen Worten, Gesten und Blicken Freundschaft schließen, wie Matthei nach Hause kommt, in seine Wohnung im 5ten Bezirk, nahe des Pantheons und seine (in Wirklichkeit ein filmisches Denkmal für Melvilles..) Katzen füttert oder wenn Matthei sich im Nachtzugabteil keine Zigarette mehr ansteckt, weil er den vorgeblich schlafen wollenden Vogel nicht vollqualmen mag.

Nur wenige Filme sind zweieinhalb Stunden lang spannender, die Bilder sind von einer unglaublichen Präzision und Schönheit und eine hochkarätige Besetzung abgerundet mit großartiger Musik, machen aus diesem Film, der leider inzwischen nur noch selten gezeigt wird, ein einzigartiges Erlebnis und einen Meilenstein des "polar".

Filmplakat zu 'Vier im roten Kreis'
Das offizielle französische Filmplakat von "Vier im roten Kreis".
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Yves Montand als Jansen in 'Vier im roten Kreis'
Yves Montand als Jansen im finalen Showdown von "Vier im roten Kreis".